Kammergerichtbarkeit (de)
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Deutschland > Öffentliches Recht > Verwaltungsrecht > Verfassungsrecht > Judikative > Kammergericht
Mit seinem Beschluss BVerfGE 18,241 vom 24.11.1964 erklärte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die berufsrechtlichen Kammergerichte von Ärzten, Zahnärzten, Dentisten, Apothekern und Tierärzten prinzipiell für verfassungsgemäß – aber nur bei satzungsrechtlicher und personalpolitischer Beachtung der Gewaltenteilung.
In Deutschland gehört die Gewaltenteilung gemäß Art. 20 GG zum Verfassungsrecht. Gerichte müssen daher selbstständig und organisatorisch von den Verwaltungsbehörden getrennt sein. Die richterliche Neutralität darf nicht durch eine persönliche Bindung zwischen Ämtern der Rechtspflege und Ämtern der Verwaltung oder Gesetzgebung in Frage gestellt werden.
Berufsgerichte wie die nach dem Ärztekammergesetz sind organisatorisch verselbständigt. Die Kammer darf keinen Einfluss auf deren Spruchtätigkeit nehmen. Die Richter gelten als sachlich unabhängig, da das Ärztekammergesetz und die Berufsgerichtsordnung keine Normen enthalten, die Art. 97 Abs. 1 GG zuwiderlaufen. Art. 97 GG gilt auch für Laienrichter! Den Berufsrichtern und –richterinnen (= berufsrechtliche Richterschaft) ist auch ein Minimum persönlicher Unabhängigkeit garantiert, weil sie vor Ablauf ihrer Amtszeit nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung abberufen werden können. Das Amt eines Berufsrichters erlischt regelmäßig durch seine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung.
Zur richterlichen Tätigkeit gehört neben der Weisungsfreiheit und der in Art. 97 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gesicherten persönlichen Unabhängigkeit die sachliche Nichtbeteiligung als dritte „Partei“. Denn Spruchweisheit ist nur möglich bei echter richterlicher Neutralität und diese verbietet eine zu enge personelle Verzahnung der den Berufsgerichten anvertrauten rechtsprechenden Gewalt mit der Tätigkeit der Organe der Kammer.
Die Gefahr einer Pflichtenkollision zwischen staatlicher Verwaltungstätigkeit im Medizinrecht und dem berufsrechtlichen Richteramt wird vermindert, indem die Mitglieder der Berufsgerichte weder Medizinal- oder Veterinärbeamte noch beamtete Apotheker sind. Berufsgerichte dürfen nicht mit Personen besetzt werden, die als weisungsgebundene Beamte oder Beamtinnen die gleiche Materie bearbeiten, über die sie als unabhängige Richter oder Richterinnen zu entscheiden haben. Das ist in gewaltengetrennten Rechtsräumen schlicht logisch! Wo die Missachtung dieser Einsicht und modernen Rechtslehre hinführt, erzählen bis heute die Verbrechen der Inquisition und des Nationalsozialismus …
Außerdem ist es verfassungswidrig, wenn Mitglieder von Vertreterversammlungen der Kammer zum Richteramt berufen werden. Die Aufgaben der Mitglieder der Vertreterversammlungen müssen regelmäßig zu einem Widerstreit mit ihren Richterpflichten führen, besonders wenn die erlassenen Beschlüsse „objektiv“ ausgelegt und/oder auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüft werden sollen. Angehörige der Legislative oder der Exekutive des Berufsverbands werden nicht zu unbeteiligten Dritten, indem ein Kammergesetz ihnen im Rahmen ihrer richterlichen Tätigkeit die persönliche und sachliche Unabhängigkeit „bescheinigt“!
Siehe auch
Den Begriff Kammergerichtbarkeit im deutschen juristischen Web finden
Den Begriff "BVerfGE 18, 241" im deutschen juristischen Web finden
- Kammergesetz
- Kammer
- Schiedsgerichte
- Freie Berufe in Deutschland
- Berufsgerichtsordnungen
- Rechtspflege in Deutschland
- Parteischiedsgerichte in Deutschland
- Berufsrecht
- Bundesrechtsanwaltskammer
- Bundesärztekammer
- Facharztbezeichnungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1972
- Deutsche Judikative
- Lobbyismus
- Britische Handelskammer in Deutschland
- rechtshistorisches Reichskammergericht in Frankfurt am Main
- Internationale Kammer für Meeresbodenstreitigkeiten